Homeschooling – ein Rückblick auf eine besondere WG-Zeit

Ein Interview mit Erzieher*innen vom Jugendhilfezentrum „Am Brandteichgraben“.

Der Begriff „Homeschooling“ ist ja seit dem Frühjahr mit dem Beginn der Pandemie in aller Mund. Wie sah da der Alltag in der Wohngruppe für Euch Erzieher*innen aus?
Wir haben uns bemüht, einen ebenso strukturierten Alltag wie in der Schulzeit hinzubekommen. Der „Schulbeginn“ bei uns war etwas später. Wir hatten immer eine feste Zeit für die Beschulung von 10.00 bis 12.00 Uhr. Nach Bedarf noch einmal nachmittags ab 15.00 Uhr.
Da wir viele Kinder und Jugendlichen ganz unterschiedlichen Alters im Haus hatten, haben wir in Gruppen beschult – je nach Alter und Unterstützungsbedarf. Die eine im Hausaufgabenzimmer und weitestgehend allein – die andere in der Küche, wo immer jemand zum Unterstützen dabei war.

Wo lagen die besonderen Herausforderungen, die das „Homeschooling“ mit sich brachte?
Am schwierigsten war die ganz unterschiedliche Art der Aufgabenerteilung. Da haben jede Schule und jede Klasse ihren eigenen Weg gewählt – per Mail, per App und auch an unterschiedlichen Tagen. Da fiel es bei der Flut an Aufgaben nicht leicht, den Überblick zu behalten. Wir mussten wöchentlich riesige Stapel an Materialien ausdrucken und an unsere „Schüler“ verteilen.
Gleiches gilt auch für den Umgang mit den fertigen Arbeiten. Die eine Lehrkraft wollte sie am Ende der Woche, die andere erst zu Beginn der Schulzeit und die nächste gar nicht erhalten.
Die Unterschiede waren auch für die Kinder und Jugendlichen nicht leicht zu verstehen.
Für uns als Erzieher*innen war es schwierig, sich bei der Unterstützung der Kinder und Jugendlichen in jedes Alter, jede Aufgabe und jede Arbeit der Arbeitsweise reinzudenken. Da waren wir ganz schön gefordert. Auch damit, den Überblick zu behalten, ob jede*r auch seine*ihre Arbeiten erledigt.
Anfangs war auch die Motivation bei den Kindern und Jugendlichen nicht so da. Sie mussten erst einmal in den neuen Alltag reinfinden. Später klappte es aber gut.

Gab es auch etwas Besonders – etwas Positives, dass das „Homeschooling“ mit sich gebracht hat?
Es war schon toll zu sehen, wie die Kinder mit dem Thema umgegangen sind. Sie konnten sich gut an die Regeln halten und haben sich schnell in der neuen Situation zurechtgefunden.
Bei uns hat sich der Respekt für die Lehrer sehr gesteigert. Wir haben einen tieferen Einblick in die Lerninhalte der Kinder erhalten. Es ist enorm, was in der Schule geleistet wird, um jedem Kind die Lerninhalte zu vermitteln.
Eine große Hilfe waren bei uns die Integrationshelfer, die uns zur Unterstützung beim „Homeschooling“ an die Seite gestellt wurden.

Was hat Euch besonders an der Zeit des „Homeschooling“ gefallen?
Wir fanden es toll, dass wir nicht so früh aufstehen mussten.
Schön war auch, dass wir mit den Kumpels aus unserer Wohngruppe zusammen lernen konnten. Das hat teilweise echt Spaß gemacht.

Wo hattet Ihr Eure Schwierigkeiten?
Problematisch war es, wenn man für die Hausaufgaben W-LAN brauchte. Wenn das dann mal nicht zur Verfügung stand, konnte man die dann halt nicht machen.

Habt Ihr nach Eurem Gefühl mehr oder weniger gelernt als in der Schule?
Von der Zeit und dem Stoff betrachtet, haben wir weniger gelernt. Die Erzieher*innen haben sich Mühe gegeben, aber die können leider nicht so gut erklären wie die Leher*innen.

Was freut Euch am meisten daran, dass ihr wieder in die Schule gehen könnt?
Es ist schön, dass nun die Lehrer*innen uns wieder unterrichten. So fällt das leichter.

Was ist bei Euch das Besondere an der Schule in der jetzigen Zeit?
Wir müssen jetzt einen Mundschutz im Schulflur tragen und wenn wir nach vorne an die Tafel gehen.
Außerdem haben wir gestaffelte Pausen, so dass man weniger Kinder in der Pause trifft.

 

Weitere Informationen:

Eine Erzieherin sitzt mit drei Kindern und Jugendlichen an einem Tisch und bearbeitet Aufgaben
Eine Gruppe Jugendlicher sitzt an einem Tisch und arbeitet an den Schulaufgaben